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Publikum lacht Tränen
Über Tim Fischer und seine Mischung aus Cabaret, Parodie und Ironie

Philip Schäfer

"In Worms - endlich!" Vielen aus dem Publikum wird Tim Fischer aus der Seele gesprochen haben, als er diesen Satz im Festhaus ins Mikrofon seufzte. Die etwa 300 Zuschauer lachten aber auch herzhaft darüber, wusste doch jeder, dass das stimmliche Allroundtalent mit seinem Programm "Yesterday once more" nicht nur in der Rheinmetropole zwischen Osthofen und Bobenheim erfolgreich ist.

Und das mit Recht, denn im Fernsehen dürfte man lange zappen, ehe man nur annähernd auf etwas Ähnliches stößt: eine so unterhaltsame Kombination aus Cabaret, Musik, Kleinkunst, Ironie, schwarzem Humor und Parodie, die höchsten Ansprüchen genügt.

Für keine Rolle ist sich der magere Travestie- und Verwandlungskünstler in Plateauschuhen zu fein, und an keiner überhebt er sich: Man spürt genau, wie er jede Sekunde auskostet, die er auf der Bühne haucht, schmachtet und rappt, tanzt, hüpft und torkelt, lacht, witzelt und ernst wird.

Die Liedauswahl für das Programm war schon für sich ein Leckerbissen. Das Zwerchfell hatte eigentlich nur Ruhe in "Komm, großer schwarzer Vogel", dem schaurig-optimistischen Lied eines Sterbenden. Ansonsten jagte in Bruchteilen von Sekunden eine Pointe die nächste, vor allem in Georg Kreislers bissigen und tief schwarzen Liedern. Friedrich Hollaenders bitterböse Entstehungsgeschichte des Beuf Stroganoff garnierte der Pianist Gert Thumser choreographisch als wenig grazile Ballerina.

Frivol schien es mit "Dein Rohr" zu beginnen, das sich aber bald als begeisterte Ode an Aspirin entpuppte, und in "Was willste denn in Wien" wurde einem dank Fischer klar, dass auch Rapmusik als echtes Stilmittel taugt.

Bevor gegen Ende des zweiten Teils wieder reichlich die Lachtränen rannen, lenkten melancholischere Titel wie die "Rinnsteinprinzessin" und "Je suis malade" oder das orientalisch angehauchte "Salma ya salama" den Blick auf Fischers wandlungsfähige und absolut sichere Stimme einerseits, andererseits auf die farbenreichen Arrangements und die brillant spielende sechsköpfige Band, in der vor allem Hans Jehle an der Geige außergewöhnliche Akzente setzte.

Zum großen Finale spielte Tim Fischer noch einmal alle Trümpfe aus. Spätestens als er als Superweib mit aufgedonnerter Frisur und flippiger Sonnenbrille, aber abartigen Verrenkungen über die Bühne gurkte und "Ich hab ins Paradies gesehn" deklamierte oder als Capri-"Fischer" genüsslichst die Bella Marie durch den Kakao zog, gab es im Publikum kein Halten mehr.

Spenden für Aids-Opfer in Südafrika, ein Geburtstagsständchen und stürmischer Beifall im Stehen, damit dankte es ihm das Wormser Publikum.


15.03.04 - Wormser Allgemeine Zeitung / Philip Schäfer 


Tim Fischer